Wie die Druckguss-Industrie vom 3-D-Druck profitieren kann

Test eines im SLM-Verfahren hergestellten Bremssattels der Firma Bugatti. FOTO: SLM SOLUTIONS
VON RALF FROHWERK, LÜBECK
Die Gießerei-Industrie und ihre Zulieferer setzen sich bereits seit längerer Zeit intensiv mit den Chancen und Herausforderungen des 3-D-Drucks auseinander. Deren Umsetzung und die damit einhergehende weitere Automatisierung der Fertigung haben das Potenzial, einen entscheidenden Beitrag zur effizienteren und kostenoptimierten Produktion zu leisten.
In allen Industrien sind die Prozessabläufe zu einer erfolgreichen Nutzung der Selective Laser Melting Technologie ähnlich. Unternehmen, wie SLM Solutions, stehen zunächst in der Verantwortung, der Industrie den zugrundeliegenden Prozess verständlich zu machen, dazu gehört es auch, Vertrauen zu schaffen. Deutlich werden muss, dass das Ziel nicht darin besteht, die Druckgussfertigung zu ersetzen. Vielmehr muss die Branche für die Zukunft stark und wettbewerbsfähig bleiben. Das funktioniert, indem das SLM Solutions-Verfahren als Add-On in der Produktion eingesetzt wird.
Die Kernfrage lautet, in welchen Produktionssegmenten der metallbasierte 3-D-Druck sinnvoll und effizient eingesetzt werden kann. Die Antwort darauf ist stark abhängig vom Produkt sowie dessen Design und Funktionalität, aber auch vom jährlichen Produktionsbedarf. Fachkenntnisse über den 3-D-Prozess und 3-D-gerechtes Design sowie der klare Wille und entsprechende Budgets sind entscheidend, um die 3-D-Technologie erfolgreich zu implementieren. Gerade für mittelständische Unternehmen stellt sich die Frage, mit welcher Zielvorgabe und mit welchen Ressourcen dieser Weg zu gehen ist.
Um ein additiv gefertigtes Produkt in einer hohen Qualität in Serie anbieten zu können, muss die gesamte Prozesskette aufeinander abgestimmt werden. Dazu gehören nicht nur robuste, verlässliche Maschinen, sondern das Bauteil muss auch zunächst für den Additiven Fertigungsprozess neu konstruiert bzw. entwickelt werden, um die Vorteile der Additiven Fertigung optimal nutzen zu können. Durch die Integration von konturnahen Kühlkanälen lassen sich zum Beispiel Werkzeugeinsätze mit dem Selective Laser Melting Verfahren herstellen, die bei Druckgusswerkzeugen zu kürzeren Abkühlzeiten und somit zur Reduzierung des gesamten Herstellungsprozesses beitragen. Durch die Verwendung von inneren Strukturen kann das Bauteilgewicht reduziert und die Stabilität erhöht werden. Nach einer erfolgreichen Fertigung erfolgt die ebenso wichtige Nachbearbeitung des Bauteils. Dieses muss von der Bauplatte gelöst und die Supportstrukturen entfernt werden. Wenn es die Funktion des Bauteiles erfordert, kann abschließend eine partielle spanngebende Nacharbeit oder auch Wärmebehandlung erfolgen.
Je nach Einsatzgebiet kann die Additive Fertigung zu zahlreichen kommerziellen und technischen Vorteilen führen, die es den Unternehmen erlauben, ihre Wettbewerbsposition zu stärken. Die Druckguss-Industrie fokussiert heute insbesondere bei der Herstellung von Prototypen und Kleinserien auf Additive Fertigungsverfahren, da in diesem Bereich die Herstellung von Werkzeugen einen großen Kostenanteil ausmacht. Auch die Entwicklungszeit kann massiv reduziert werden. Für das SLM Solutions-Verfahren sind schon heute diverse Aluminium-Legierungen wie AlSi10Mg, AlSi7Mg und AlSi9Cu3 in der spezifizierten Pulverqualität erhältlich. Besonders zu erwähnen ist, dass die Materialeigenschaften eines 3-D-gedruckten Bauteils in der Regel besser sind als beim Druckgussteil, da eine wesentlich höhere Dichte erzeugt wird. Hinzu kommt, dass nicht jede für die Serienproduktion benötigte Aluminiumlegierung auch in Sandgussformen für Prototypen verwendet werden kann. Setzt man die Selective Laser Melting Technologie in der Prototypenphase ein, kann hingegen bereits die Serienlegierung verwendet werden. Namhafte Hersteller zeigen, wie die Technologie bereits heute erfolgreich in Serie eingesetzt wird. Bugatti nutzt beispielsweise die Additive Fertigung für die Herstellung eines Motorträgers aus AlSi10Mg mit integrierten Kühlkanälen. Diese Konsole dient als aktiver Hitzeschild und wird seit Serienstart im Bugatti Chiron verbaut. In der Entwicklung befinden sich auch ein Bremssattel und eine Heckflügelmechanik, die mit topologieoptimiertem Design im SLM Solutions-Verfahren hergestellt werden. Damit setzt Bugatti eine konsequente Leichtbauweise um, wodurch die Funktionsweise der Fahrzeuge stetig optimiert werden kann. Auch das Unternehmen Hirschvogel zeigt, wie der Einsatz der Additiven Fertigung gelingen kann. Innerhalb einer Designstudie zur Herstellung eines Pkw-Schwenklagers konnten 40 % Material gegenüber der konventionellen Ausfertigung eingespart werden.
Ralf Frohwerk, Global Head of Business Development, SLM Solutions Group AG, Lübeck