Druckgusslösungen für Strukturbauteile – die Zukunft für Leichtbaukonzepte

Druckgegossene Strukturbauteile bieten ein enormes Potenzial zur Gewichts- und Kostenminimierung im Automobilbau. FOTO: BUEHLER AG
VON HERMANN JACOB ROOS UND MARTIN LAGLER, UZWIL, SCHWEIZ UND LUIS QUINTANA, MICHIGAN, USA
Angesichts der anhaltenden Nachfrage nach leichteren Bauteilen in der Automobilbranche ist ein lukrativer Markt für den Druckguss entstanden: Strukturbauteile. 2018 deckte die Nachfrage nach diesen großen, komplexen Bauteilen wie Federbeinstützen und Längsträgern knapp 6 Millionen Automobile ab, wobei vielfach mehrere Strukturbauteile pro Fahrzeug verbaut wurden. Prognosen zufolge soll sich das Einsatzgebiet bis 2025 auf rund 9 Millionen Fahrzeuge ausweiten. Darunter fällt auch die steigende Zahl an Elektrofahrzeugen, deren weltweiter Absatz bereits jetzt von 2 Millionen im Jahr 2017 auf 5,1 Millionen im Jahr 2018 gestiegen ist.
Bereits heute bieten Strukturbauteile die von den Automobilherstellern gewünschte steifere und zugleich leichtere Lösung. Die Kosten für längere Produktionsläufe haben bislang jedoch den Einsatz beschränkt. So finden sich Strukturbauteile derzeit vorwiegend in Sportwagen, Fahrzeugen der Luxusklasse, SUVs und der oberen Mittelklasse, bei denen auch kleinere Produktionsläufe Gewinn bringen. Doch die wirtschaftlichen Grundlagen des Druckgießverfahrens ändern sich und die Kosten von Strukturbauteilen sind in den letzten Jahren um 20 % gesunken.
Dieser Beitrag diskutiert den Aspekt des Zusammenspiels aus fortschrittlichem thermischem Management, der Verwendung neuer Legierungen und einem ausgeklügelten Produktdesign. Die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse könnte die Produktionskosten sogar noch weiter senken, um Strukturbauteile kosteneffizient für den Automobil-Massenmarkt zu machen. Prognosen zufolge soll die Fahrzeugproduktion bis 2023 die Marke von 110 Millionen Fahrzeugen erreichen. Bei zwei bis sechs Strukturbauteilen pro Fahrzeug könnten diese technologischen Fortschritte dem Druckguss weltweit Chancen eröffnen. Wenn die Akteure der Wertschöpfungskette von den Druckgießmaschinenherstellern über die Gießereien bis hin zu den Automobilherstellern zusammenarbeiten, kann dies Realität werden.
Das Fahrzeuggewicht lässt sich erwiesenermaßen mit großen Strukturbauteilen reduzieren. Teile aus Aluminiumlegierungen bieten sowohl eine außergewöhnliche Festigkeit als auch eine hohe Gestaltungsfreiheit und sind dabei leichter als herkömmliche Bauteile aus Stahl. Das Streben nach weniger Gewicht ist unabhängig von der Art des Antriebs. Diskussionen über die besten nachhaltigen Antriebslösungen gehen vom Verbrennungsmotor über Plug-in-Hybride, Hybridfahrzeuge und E-Autos bis hin zu Autos mit Wasserstoffantrieb. Die Verbrauchereinstellungen sowie regionale und lokale Vorschriften können die Nachfrage auf den verschiedenen Märkten verzerren. Für Druckgießereien ist deshalb die Investition in die Fertigung von Strukturbauteilen eine klar strategische Lösung. Strukturbauteile kamen erstmals im deutschen Markt für Luxusfahrzeuge zum Einsatz und werden heute auch in anderen Segmenten vielfältig eingesetzt. Sport-Coupés des S-Segments und Fahrzeuge der Luxusklasse verwenden derzeit die größte Bandbreite an Strukturbauteilen, darunter vordere und hintere Federbeinstütze und Längsträger für die Absorption von Aufprallenergie. Für den Jaguar I-PACE kommen beispielsweise 15 Strukturbauteile je Fahrzeug zum Einsatz. Das Oberklasse-Segment sowie Sportwagen verwenden Druckgussteile in Federbeinstützen und Trägerverstärkungen. Der vielleicht größte Abnehmer ist die Mercedes C-Klasse, von der jährlich rund 400 000 Fahrzeuge verkauft werden. Mittelklasse- Fahrzeuge verwenden Druckgussteile für die vorderen Federbeinstützen und die Tunnelverstärkung.
Hermann Jacob Roos, Structural Process Manager und Martin Lagler, Director Global Application Technology Die Casting, Bühler AG, Uzwil, Schweiz und Luis Quintana, Application Technology Specialist, BuhlerPrince Inc., Holland, Michigan, USA.