Entwicklung von AlCu-Gusslegierungen für thermisch beanspruchte Anwendungen

Die Gießereitechnik der TU Clausthal macht AlCu-Legierungen gießfit. FOTO: CHRISTOPH MACK

 

VON FRANZISKA KRÖGER UND BABETTE TONN, CLAUSTHAL-ZELLERFELD


Die hohe Festigkeit in einem weiten Temperaturbereich macht AlCu-basierte Legierungen insbesondere für thermisch und mechanisch hoch beanspruchte Anwendungen interessant. Gießtechnologisch sind sie jedoch schwierig zu verarbeiten. Dieses Projekt nutzt statistische Methoden zur Unterstützung der Weiterentwicklung einer AlCu-Gusslegierung für das prozesssichere Gießen in Sand und Kokille.

 

Aluminium-Kupfer-Gusslegierungen zeichnen sich durch hervorragende mechanische Eigenschaften, sowohl bei Raumtemperatur als auch bei erhöhten Betriebstemperaturen aus. Dieses Eigenschaftsprofil lässt das Legierungssystem prädestiniert erscheinen für den Einsatz in thermisch und mechanisch stark belasteten Gussteilen, die eine hohe spezifische Festigkeit fordern, wie z.B. Zylinderköpfe, Hubkolben oder Gehäuse von Pumpen und Lagern, in Anwendungsgebieten wie dem Automobilbau oder der Luft- und Raumfahrt. Allerdings schränkt eine starke Neigung zu Warmrissen und Schrumpfungslunkern die gießtechnologische Verarbeitbarkeit der Legierungen stark ein und macht je nach Bauteilkomplexität anspruchsvolle Gießprozesse wie das Rotacast- oder das Hero-Verfahren erforderlich. Im hier beschriebenen Forschungsprojekt wurde die statistische Versuchsplanung (engl. design of experiments, DoE) genutzt, um eine AlCu-basierte Gusslegierung weiterzuentwickeln. Die teilweise konträren Kernziele waren dabei:

  • das Erzielen einer hohen Warmfestigkeit,
     
  • eine gleichzeitig geringe Warmrissneigung,
     
  • der Erhalt einer hohen Wärmeleitfähigkeit.

Im Ergebnis wurde eine Legierung entwickelt, die eine zuvor untersuchte Referenzlegierung bei gleich niedriger Warmrissneigung in ihren mechanischen Eigenschaften bis 250 °C und in den thermophysikalischen Eigenschaften übertrifft und kostengünstiger in den Einsatzmaterialien ist.

Warmrissen liegen mehrere Ursachen zugrunde, die zusammenwirken. Grundsätzlich muss für die Entstehung von Warmrissen eine mechanische Belastung vorliegen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Gussstück konstruktionsbedingt nicht frei schwinden kann und sich aufgrund der Erstarrungskontraktion Spannungen aufbauen, die die Festigkeit des erstarrenden Gussmaterials übersteigen. Weiterhin können scharfe Formkanten oder Kerben Warmrisse verursachen, da lokal entstehende Spannungsspitzen eine Rissinitiierung begünstigen. Ebenso problematisch sind Querschnittsverringerungen, die durch Schwindungslunker oder -porositäten zustande kommen sowie starke Wanddickenunterschiede, die Hot-Spots und damit thermisch bedingte Spannungen erzeugen.

Neben der mechanischen Belastung muss zudem eine unzureichende Speisung vorliegen, die durch ein während der Erstarrung wachsendes Dendritennetzwerk verursacht wird. Je dichter das Dendritennetzwerk wird, desto stärker wird die interdendritische Speisung erschwert und das Risiko für Warmrisse, aber auch für Mikroporosität, steigt.

Besonders anfällig für Warmrisse sind Legierungen mit einem breiten Erstarrungsintervall, wie z.B. AlCu- oder AlZn- Gusslegierungen, da der Festphasenanteil über ein großes Temperatur- und damit Zeitintervall zunimmt und dabei die Speisung graduell erschwert wird. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Warmrissneigung auch stark von der chemischen Zusammensetzung abhängt, da diese einen direkten Einfluss auf die Breite des Erstarrungsintervalls bzw. des letzten Festphasenbereichs (engl. terminal freezing range, TFR) hat, der die Dauer bestimmt, die die erstarrende Schmelze im für Warmrisse kritischen Bereich verweilt. Unter der Annahme, dass Warmrisse im letzten Festphasenbereich entstehen, wenn vorwiegend interdendritische Speisung vorliegt, können hierfür thermodynamische Berechnungen im Ungleichgewicht durchgeführt werden. In der Literatur wird der für Warmrisse kritische Festphasenbereich, abhängig vom jeweils betrachteten Legierungssystem, zwischen 80 % und 98 % Festphasenanteil beziffert, wobei die letzten 2 % Flüssigphase aufgrund von möglicherweise auftretenden Artefakten in der Berechnung vernachlässigt werden. Die Erstarrungsrechnung im Ungleichgewicht nach dem Scheil-Gulliver-Modell erlaubt die Berechnung von Temperatur-Festphasenanteil-Diagrammen, aus denen das TFR als Temperaturintervall abgelesen werden kann. Die Annahme ist, je kleiner das TFR, desto kleiner ist die Warmrissneigung. Für AlCu-Legierungen hat sich im Rahmen dieses Projektes gezeigt, dass ein TFR mit einem Festphasenbereich von 85 – 95 % in sehr guter Übereinstimmung mit der beobachteten Warmrissneigung steht.

Die Prüfung der Warmrissneigung kann mit unterschiedlichen Methoden erfolgen. Dabei stehen einfache Prüfaufbauten wie der Ringtest oder die Sternkokille zur Verfügung, aber auch aufwendigeren in-situ-Verfahren, bei denen die Kokille mit Wegaufnehmern und Kraftmessdosen instrumentiert ist. Für diese Arbeit wurde die Sternkokille verwendet, bei der die Gussstücke nach dem Abgießen optisch auf Risse untersucht werden.

Das diesem Beitrag zugrunde liegende Projekt wurde unter der IGF-Vorhabennummer 18647N vom BMWi über die Forschungsvereinigung Gießereitechnik e.V. gefördert und durch die Technische Universität Clausthal koordiniert.

Weitere Informationen

Franziska Kröger
Technische Universität Clausthal
Institut für Metallurgie, Abteilung Gießereitechnik
Robert-Koch-Str. 42
38678 Clausthal- Zellerfeld
E-Mail: franziska.kroeger(at)tu-clausthal.de
Internet: www.imet.tu-clausthal.de/abteilungen/gt