Rückführung kostbarer Wertstoffe durch Entölen von Spänen

Spänereinigung im industriellen Maßstab erlaubt einen hocheffizienten Rohstoffkreislauf. FOTO: ADOBESTOCK

 

VON NORBERT PÄHLER, HOLGER BIEDERMANN, UDO MEYNERTS, MÜLHEIM UND CARSTEN RESCHKE, DANIEL SCHUBERT, EGON ERICH, RÜDIGER DEIKE, DUISBURG


Metallische Bearbeitungsspäne sind in der Regel mit Kühlschmierstoffen verunreinigt und lassen sich schlecht in den Wertstoffkreislauf zurückführen. Ein innovativer und ressourcenschonender Entölungsprozess erlaubt es nun, teure Metalle, die als Legierungselemente enthalten sind, zurückzugewinnen. Dabei werden die Späne in einem mehrstufigen Verfahren gewaschen und anschließend getrocknet.

 

Metalle aus Bearbeitungsspänen zurückgewinnen, die mit Kühlschmierstoffen verunreinigt sind, das ist mit der Entölungsanlage möglich, die die RHM Rohstoff-Handelsgesellschaft mbH in Herne in Betrieb genommen hat. Unter dem Aspekt des Schutzes natürlicher Ressourcen und nachhaltiger Produktionsmodelle haben die RHM Rohstoff- Handelsgesellschaft mbH in Mülheim an der Ruhr und das Institut für Technologien der Metalle der Universität Duisburg-Essen (ITM) gemeinsam mit weiteren Partnern ein industrielles Entölungsverfahren entwickelt, in dem die Späne mit einem Gemisch aus Wasser und Tensiden in einem mehrstufigen Prozess gewaschen und anschließend getrocknet werden. Im Vergleich zu bisher genutzten thermischen Verfahren ist es damit möglich, den Energieeinsatz um ca. 40 % und die CO2-Emissionen um gut zwei Drittel zu senken.

 

Im Rahmen der nationalen Strategie zur nachhaltigen Entwicklung in Deutschland werden unter anderem 17 Nachhaltigkeitsziele definiert, zu denen auch ein verantwortungsvoller Verbrauch von Rohstoffen und entsprechend verantwortungsvolle sowie nachhaltige Produktionsmodelle (Ziel Nr. 12) gehören. Diese sollen es ermöglichen, die natürlichen Ressourcen heute und für die Zukunft zu schützen. Ziel einer „Circular Economy“ ist es, ein globales Wirtschaftswachstum mit einer so weit wie möglichen Entkopplung von weiter steigenden Rohstoffverbräuchen zu erreichen. Für den Bereich der Gießerei-Industrie führt der Weg dahin zum Beispiel über die Zusammenarbeit mit der Schrottwirtschaft, die die Stoffströme der Sekundärrohstoffe managt, die Sekundärrohstoffe sortiert, aufbereitet und der Gießerei-Industrie als Einsatzstoffe zu Verfügung stellt, die daraus nachhaltig und hochgradig ressourceneffizient neue Produkte in fast geschlossen metallischen Rohstoffkreisläufen fertigt. Die Gießerei-Industrie zeichnet eine jahrzehntelange, kontinuierlich anhaltende und von Kreativität geprägte Entwicklung aus, mit dem Ergebnis, dass steigende Anteile an Sekundärrohstoffen (recycled content), in der Regel in Form von Schrott, aber auch Abfallstoffe anderer Art, wie z.B. Späne, Schlämme und Stäube in den Herstellungsprozessen erneut genutzt werden können. Ein weiterer Entwicklungsschritt in diese Richtung ist die industrielle Entölungsanlage der Firma RHM für Bearbeitungsspäne, die mit Kühlschmierstoffen behaftet sind.

In metallverarbeitenden Betrieben fallen jährlich durch spanende Fertigungsverfahren wie Drehen, Bohren und Fräsen etwa 1,5 Millionen Tonnen an Metallspänen an. Zur Kühlung der Werkstücke und Werkzeuge, um die Reibung während des Bearbeitungsprozesses zu verringern und um die abgetrennten Metallteilchen aus dem Arbeitsbereich zu entfernen, werden Kühlschmierstoffe (KSS) verwendet. Die anfallenden Späne sind von daher mit KSS versetzt, da z.B. je nach Verfahren bei der spanabhebenden Fertigung auf der Spanoberfläche durch Faltungen Spalten gebildet werden, in denen sich die KSS ansammeln. Da diese aus mineralischen oder synthetischen Ölen bestehen, lassen sich die damit verunreinigten Späne nicht wieder direkt in den Wertstoffkreislauf zurückführen, was aber besonders bei Spänen aus der Bearbeitung hochlegierter Stähle wirtschaftlich Sinn machen würde. Für diese Werkstoffe, bei denen die Gehalte der Legierungselemente (Ni, Mo, Nb, Cr, V, W usw.) im einstelligen bis zweistelligen Prozentbereich liegen, sind hohe Legierungskosten die Regel.

Oftmals sind die Kohlenstoffgehalte der zu produzierenden Stahlqualitäten allerdings so gering, dass bei einem direkten, nichtentölten Einsatz dieser Späne zu berücksichtigen ist, dass der Stahl über die Ölanhaftungen aufgekohlt wird und dass weitere störende Elemente aus den Additiven, wie z.B. Schwefel und Phosphor, die präzise einzustellende Legierungszusammensetzung des herzustellenden Werkstoffes stören würden. Paradoxerweise ist aber auch der Einsatz hochlegierter Späne trotz des hohen Wertstoffgehaltes bei der Herstellung von Standardqualitäten oft nicht möglich, da die höheren Gehalte an teuren Legierungselementen bei der Herstellung von normalen Standardqualitäten extrem störend wirken würden. Dasselbe gilt für die Rückführung von Spänen aus der Bearbeitung von Werkstoffen auf Nickelbasis und aus Titan.

Durch eine Entölung der Späne entstünden verkaufsfähige Wertstofffraktionen, die dem Wertstoffkreislauf wieder zugeführt werden könnten. Unternehmen mit eigenen Schmelzaggregaten und einem hohen Aufkommen an Spänen könnten diese direkt wieder in ihrem Produktionsprozess einsetzen, da die chemische Analyse bekannt und so die Gefahr eines Eintrags an unerwünschten Fremdelementen deutlich reduziert ist.

 

Weitere Informationen:


Universität Duisburg-Essen
Institut für Technologien der Metalle (ITM)
Prof. Dr.-Ing. R. Deike
Friedrich-Ebert-Straße 12
47119 Duisburg
E-Mail: ruediger.deike(at)uni-due.de
www.uni-due.de/mus

RHM Rohstoff-Handelsgesellschaft mbH
Mülheim an der Ruhr (RHM)
Jan Steingass
www.rhm-rohstoffe.de

 

IUTA - Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V.
Duisburg
Dr. Christine Kube
www.iuta.de