Wo der Kunde an erster Stelle steht

Ein Gießer schöpft die Schlacke an einem ölbeheizten Schmelz- und Warmhalteofen ab. Mit Öfen an allen Gießzellen kann Matthies Druckguss flexibel auf Kundenwünsche reagieren. (FOTO: ANDREAS BEDNARECK)
VON ROBERT PITEREK, DÜSSELDORF
Vom Tüftler im eigenen Fahrradkeller bis zum erfolgreichen Unternehmer – so liest sich der Schöpfungsmythos von Matthies Druckguss und seinem schillernden Gründer Willy Matthies im Rückblick. Doch tatsächlich gründet sich der Erfolg der Druckgießerei auch auf den klassischen Tugenden des vielgepriesenen deutschen Mittelstands – zu denen sich auch Marco Matthies, Enkel des Gründers und neuer Geschäftsführer des Rendsburger Unternehmens bekennt.
Nach den Fabrikanten der Wirtschaftswunderjahre und ihren Nachfolgern tritt in den inhabergeführten deutschen Gießereien nun zunehmend eine neue Generation von Unternehmern in die Startlöcher. So auch bei Matthies Druckguss im schleswig-holsteinischen Rendsburg. Hier hat Marco Matthies Anfang des Jahres die Geschicke der familieneigenen Druckgießerei für Aluminium-, Zink- und Messinglegierungen von Vater Jörn übernommen. „Anders als in den großen Konzernen, in denen auch einmal rote Zahlen geschrieben werden können, gibt es für Familienunternehmer meist nur das Werk – und das muss überleben“, formuliert Marco Matthies die existenzielle Fallhöhe zwischen großen und mittelständischen Unternehmen. Die Geschichte seines Werks prägt das Rendsburger Wirtschaftsleben nun schon seit über 60 Jahren. Und es waren seit jeher Eigenverantwortung und Weitsicht, aber auch die kurzen Entscheidungswege, die den Erfolg des Unternehmens sicherstellten – ob bei Großvater Willy Matthies oder Vater Jörn. Für dieses Modell erfolgreichen Unternehmertums – eigentlich exemplarisch für die ganze mittelständische deutsche Unternehmenslandschaft – steht nun auch der 38-jährige Wirtschaftsingenieur Marco Matthies, der bereits seit 2008 Betriebsleiter im Unternehmen ist.
Was Marco Matthies für die Zukunft will und warum, ist auch das Ergebnis einer bewegten Unternehmenshistorie: Und die hat, wie auch bei Apple-Gründer Steve Jobs, in der Garage begonnen, genauer im Fahrradkeller der Familie Matthies, wo Unternehmensgründer Willy bereits in den 1950er-Jahren gemeinsam mit Söhnen und Töchtern mit einer frühen Druckgießmaschine Gussteile fertigte und entgratete.
Willy Matthies war ein Macher-Typ erster Güte, der sich zahlreiche Male neu erfand. Zu seinen Firmengründungen gehörten u. a. eine Marmeladenfabrik und die Weiterführung einer Firma für das Trockenhaarwaschmittel Curelljo. Als in der aufstrebenden Industrie der 1950er-Jahre klar wurde, dass sich mit Druckguss Geld verdienen ließ, stieg Willy Matthies um und erwarb 1961 das heutige Firmenareal, wo er in einer Fertigungshalle mit rund zehn bis zwölf Maschinen den Betrieb aufnahm. Nach Willy Matthies‘ frühem Tod folgte ihm Sohn Jörn 1974 direkt nach dem Studium auf den Chefsessel. Bald ging es stetig bergauf: geschultes Personal wurde eingestellt, bessere Maschinen sowie die CNC-Bearbeitung ersetzten den alten Maschinenpark. So entstand in dem Unternehmen an der Bredstedter Straße eine moderne Fertigung, die heute an den benachbarten Netto-Markt und eine Autowerkstatt grenzt. Aktuell erwirtschaften hier 23 Mitarbeiter einen Umsatz von 2,5 Millionen Euro im Jahr.