Magnesium als Leichtbauwerkstoff

FOTO: KATHARINA LAUTERWASSER-STRIELOW
VON CYRUS BARK, SCHÖMBERG
Was hatten in der industriellen Vergangenheit der Motorblock des legendären VW-Käfers und das Besteck im Speisesaal der Zeppelin-Luftschiffe gemeinsam? In beiden Fällen war die Zukunft bereits mit an Bord und Magnesium wegen seines geringen Gewichts das Material der Wahl – der Gewichtsvorteil spielte auch schon damals eine große Rolle. Der Wunsch, leichter zu werden war aber beim VW-Käfer weniger getrieben durch die Notwendigkeit zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs beziehungsweise zur Optimierung des CO2-Footprints, sondern vielmehr, um die konstruktionsbedingte Hecklastigkeit des Fahrzeugs zu verringern. Irgendwann wuchs bei den Automobilkunden jedoch der Wunsch nach mehr Leistung und die Konstrukteure suchten Werkstoffe, die mehr Hitze aushalten konnten als Magnesium. Mit der Folge: Magnesium gelangte als Konstruktionswerkstoff immer weiter ins Hintertreffen und verschwand – mit Ausnahme von der Nutzung in spezifischen Applikationen – weitestgehend von der industriellen Anwendungsbildfläche.
In der heutigen Diskussion ist Magnesium als Leichtbauwerkstoff also keineswegs eine Neuentdeckung. Und seit in jüngster Vergangenheit neu entwickelte Magnesiumlegierungen die ursprünglichen Nachteile des Werkstoffs (wie die hohe Korrosionsneigung oder niedrige Temperaturfestigkeit) weitestgehend auszugleichen vermögen, erwacht der Werkstoff Magnesium allmählich aus dem Dornröschenschlaf. Denn Magnesium hat unbestritten viele Vorteile und noch viel mehr Potenzial, das ausgeschöpft werden kann: Magnesium ist vier Mal leichter als Stahl und rund eineinhalb Mal leichter als Aluminium. Es bewegt sich durch sein geringes spezifisches Gewicht von nur 1,7 Gramm pro Kubikzentimeter beinahe auf dem Niveau von Carbonfaserwerkstoffen. Außerdem ist Magnesium weltweit in großen Mengen verfügbar und zudem ähnlich leicht und preisgünstig zu bearbeiten wie Stahl oder Aluminium. Die Produktionskosten sind bei Carbonbauteilen infolge der vielen notwendigen Prozessschritte in etwa dreimal so hoch wie bei Magnesium.
Das Magnesiumbauteile teurer sind, als vergleichbare Teile aus Aluminium ist ein weiterer Irrglaube, der in der Praxis schon mehrfach widerlegt wurde. Denn im Vergleich zu Aluminium lassen sich produktspezifisch beispielsweise im Druckgießverfahren dünnere Wanddicken sowie ein toleranzgenauerer Guss realisieren – und das bei gleichzeitig höheren Formstandzeiten. Die etwas höheren Materialkosten je Kilogramm werden durch das günstigere Volumengewicht weitestgehend ausgeglichen und sind im Vergleich zu Aluminium quasi kostenneutral.
Es fehlt also weder an günstigen Werkstoffeigenschaften des Magnesiums, weder an Prozess-Know-how oder Limitationen bezüglich Verfügbarkeit noch an einer attraktiven Kostenposition im Vergleich zu Substitutwerkstoffen – es fehlt einzig und allein an Entwicklern, die Magnesium als Konstruktionswerkstoff anwenden.
Dr. Cyrus Bark, Geschäftsführer C&C Bark Metall-Druckguss und Formenbau GmbH