Pfad 2 – der Weg zur Treibhausgasneutralität
Elektrifizierung von Thermoprozessen
In diesem Pfad wird von einer Elektrifizierung der Thermoprozesse in allen Gießereitypen ausgegangen. Dies hat bei Anlagen der Modellgießerei 1 (Heißwindkupolofen) oder 2b (Kaltwindkupolofen) die größten betrieblichen Veränderungen zur Folge. Die Schmelzaggregate in den anderen Modellgießereien werden vielfach bereits elektrisch betrieben. Der Switch von fossilen Energieträgern auf Strom betrifft weitere Gießereiprozesse, insbesondere die Erdgas-basierten Prozesse Wärmebehandlung und Pfannenvorwärmung.
In der Modellierung führt eine konsequente Umsetzung der Elektrifizierung aller Thermoprozesse zur vollständigen Treibhausgasneutralität der Branche. Hierbei wird die Elektrifizierung als Umstellung von fossilen Energieträgern (Koks, Erdgas) auf elektrischen Strom angenommen. Aufgrund der Verfügbarkeit der erforderlichen technischen Lösungen ist Pfad 2 für die meisten Gießereistandorte ein praktikabler Weg zur Dekarbonisierung.
Emissionsentwicklung und Energiebedarf
- Pfad 2 führt zur vollständigen Treibhausgasneutralität: Bis 2035 wird eine Senkung der Emissionen von 5,1 auf 0,9 Mio. t CO2 p.a. angenommen, 2045 liegen die CO2- Emissionen bei null.
- Der Gasbedarf sinkt im Vergleich zum Basisjahr 2020 bis 2035 um 60 Prozent, der Koksbedarf um 67 Prozent. Im Zeitraum 2036 bis 2045 werden nur noch geringe Mengen der Energieträger Koks und Erdgas verwendet und bis 2045 sind die fossilen Energieträger gänzlich durch Strom ersetzt.
- Demgegenüber steigt der Strombedarf bis 2045 um 58 Prozent auf 9,1 TWh.
Kostenentwicklung und Investitionsbedarf
- Pfad 2 ist aufgrund der in Deutschland sehr hohen Strompreise mit erheblichen Kosten verbunden.
- Der ermittelte Gesamtinvestitionsbedarf beträgt 6,4 Mrd. Euro, wobei der Investitionsschwerpunkt im Zeitraum von 2026 bis 2040 liegt.
- Bei den Gießereien mit Heißwindkupolofen (MG1) verfünffachen sich die Investitionsbedarfe von 170 auf über 800 Mio. Euro im Vergleich zu Pfad 1. Es gibt zwar nur rund zwei Dutzend dieser Anlagen, allerdings sind die notwendigen Investitionssummen pro Standort hoch. Durch den umfangreichen Umbau der Schmelzbetriebe entfallen allein auf MG 1 13 Prozent der Gesamtinvestitionen.
- Für die zahlreichen Standorte der MG 2a und 4 wurden über den gesamten Zeitraum Investitionskosten von 1,85 bzw. 2,62 Mrd. Euro ermittelt.
- Nicht in der Modellierung berücksichtigt, aber dennoch nicht zu unterschätzen sind die finanziellen Aufwände für bauliche Anpassungen der Werksgebäude sowie für die erforderlichen Stromnetzanschlüsse.
Externe Faktoren
Das vollständige Absenken der CO2-Emissionen bis hin zur Treibhausgasneutralität in der Gießerei-Industrie basiert auf der angenommenen Erreichung der deutschen Ziele zur Transformation der Stromversorgung bis zum Jahr 2035. Dies liegt außerhalb des unmittelbaren Einflusses der Branche.
Die erfolgreiche Dekarbonisierung des Stromsystems ist somit eine fundamentale Voraussetzung für die Dekarbonisierung der Branche. Grüner Strom muss zudem in ausreichender Menge und zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stehen. Hierbei müssen auch die Netzentgelte als wichtiger Preisbestandteil der Energiekosten betrachtet werden. Dauerhaft hohe Stromkosten stellen einen Nachteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland dar und gefährden die Wirtschaftlichkeit der Gießerei-Industrie.