Mit Padicon steigenden Netzkosten entgegenwirken

Von Ralf Tanneberger, Radebeul/Dresden

Erschienen in GIESSEREI 12/2017

 

Steigen die Netzkosten, sind innovative Lösungen zur bestmöglichen Anpassung des Stromverbrauchs von Gießereien an die gegebenen Rahmenbedingungen gefragt. Das Energie- und Lastmanagementsystem Padicon der Dr. Tanneberger GmbH, Radebeul/Dresden hat sich inzwischen bei 50 Gießereien in Deutschland bewährt, dazu zählt auch die Eisengießerei Silbitz Guss in Thüringen.

Der Ausbau der deutschen Stromnetze für die Energiewende treibt auch in den nächsten Jahren den Strompreis nach oben. „Der Anteil der Netzentgelte am Strompreis wird weiter steigen“, sagte der Chef der Bundesnetzagentur Jochen Homann bei der Vorstellung seines Jahresberichtes. Aktuell zahlen die Stromkunden im Schnitt bereits 30 % des Rechnungsbetrags für die Netzentgelte, aus denen unter anderem neue Leitungen bezahlt werden. Tendenziell wird dieser Anteil weiter steigen.

Allein für das Übertragungsnetz – die großen neuen Stromautobahnen der höchsten Spannungsebene – erwartet die Behörde rund 40 Mrd. Euro an Kosten bis zum Abschluss.

Die drei großen Stromautobahnen für den Transport von Windstrom nach Bayern und Baden-Württemberg sollen fristgerecht bis 2025 fertig werden.

Es gibt vier Übertragungsnetzbetreiber, die unterschiedliche Preise erheben. Die Netzkosten fallen pro Kunde umso höher aus, je dünner ein Versorgungsgebiet besiedelt ist. Noch im Herbst des vergangenen Jahres war in dem entsprechenden Gesetzentwurf ein Passus enthalten, wonach Kunden bundesweit das Gleiche für die Nutzung der großen Stromleitungen zahlen sollten. Damit sollten Kosten der Energiewende in den Netzentgelten fair und transparent verteilt werden. Tabelle 1 zeigt einen Vergleich der vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland. Ein fiktives Unternehmen mit einer Benutzungsdauer von 2500 h/a und einem Verbrauch von 500 GWh/a sowie einer bereitgestellten Leistung von 100 MW zahlt im Versorgungsgebiet von 500 Hertz (Ostdeutsche Länder und Hamburg) mehr als doppelt so viel, wie es beim Versorger Amprion (z. B. in Nordrhein-Westfalen) bezahlen würde.

 

Tabelle 1: Netzbetreiber und Netzkosten 2017.

Übertragungsnetzbetreiber Leistungspreis in Euro/kW/a Arbeitspreis in ct/kWh Gesamtkosten in Euro
150Hertz 113,50 0,21 12 400 000
Amprion 37,14 0,386 5 644 000
TransnetBW 63,49 0,03 6 499 000
TenneT 108,98 0,25 12 148 000
QUELLE: IHK-ZEITUNG DRESDEN

 

Von der Bundesregierung ist in Kürze ein Belastungsausgleich für die Netzentgelte der Regelzonen zu erwarten.

Das heißt, im Osten und Norden werden die Preise möglicherweise stagnieren und im Westen und Süden müssen sie angehoben werden. Mancher Netzbetreiber dürfte somit eine Steigerung für Netzentgelte im Jahr 2018 von bis zu 45 % planen. Die Tabellen 2 und 3 zeigen die Preisentwicklung von 2016 bis 2017 des Netzbetreibers Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH im Bereich des ostdeutschen Netzbetreibers 50Hertz. Preise, an denen sich west- und süddeutsche Netzbetreiber orientieren werden (Tabelle 2). Konkret geht es um das Herzstück des deutschen Leitungsausbaus: die rund 700 km lange Südlink-Trasse von Brunsbüttel nach Großgartach bei Heilbronn und Grafenrheinfeld in Bayern sowie die Südostlink-Trasse von Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt zum Netzpunkt Isar nordöstlich von Landshut. Hinzu kommt eine mehr als 600 km lange Leitung im Westen, die Nordseestrom von Emden über Osterath in Nordrhein-Westfalen bis Philippsburg in Baden-Württemberg transportieren soll.

 

Tabelle 2: Preisblatt 2016 MITNETZ STROM (Regelzone 50 Hz) weiter erhebliche Preissteigerungen sind absehbar.

Netzebene Jahresbenutzungsdauer
< 2500 h/a > = 2500 h/a
Leistungspreis in Euro/kWa Arbeitspreis in ct/kWh Leistungspreis in Euro/kWa Arbeitspreis in ct/kWh
Hochspannung 25,86 2,90 85,86 0,50
Umspannung Hoch-/Mittelspannung 28,16 3,98 121,91 0,23
Mittelspannung 37,25 3,74 108,25 0,90
Umspannung Mittel-/Niederspannung 38,76 4,21 123,76 0,81
Niederspannung 44,80 4,19 119,80 1,19
QUELLE: MITTELDEUTSCHE NETZGESELLSCHAFT STROM MBH

 

Tabelle 3: Der Vergleich der Entgelte für das Jahresleistungspreissystem 2017 zeigt eine Preissteigerung um 27,87 Euro pro kW gegenüber 2016 in der Netzebene

Netzebene Jahresbenutzungsdauer
< 2500 h/a > = 2500 h/a
Leistungspreis in Euro/kWa Arbeitspreis in ct/kWh Leistungspreis in Euro/kWa Arbeitspreis in ct/kWh
Hochspannung 33,41 3,78 111,66 0,65
Umspannung Hoch-/Mittelspannung 35,28 4,87 149,78 0,29
Mittelspannung 45,55 4,59 133,55 1,07
Umspannung Mittel-/Niederspannung 47,13 4,71 136,63 1,13
Niederspannung 50,20 4,73 135,70 1,31
QUELLE: MITTELDEUTSCHE NETZGESELLSCHAFT STROM MBH

 

Ein grundsätzliches, auch in absehbarer Zeit nicht zu lösendes physikalisches Problem, ist es, dass Strom nicht, oder nur in sehr geringem Ausmaß, zu vertretbaren Kosten zwischengespeichert werden kann. Folglich muss der Windstrom, aus bekannten Gründen, praktisch in Echtzeit, von Nord nach Süd in die Industriezentren gebracht werden. Dies ist politisch gewollt und wird sich durch die eventuelle Beteiligung von „Bündnis 90/ Die Grünen“ an der Bundesregierung in dieser Hinsicht noch verstärken. Dies treibt den Strompreis insgesamt.

Gefragt sind deshalb innovative Lösungen, die den Stromverbrauch des Endkunden, insbesondere Großkunden und Sondervertragskunden, dazu zählen mit Sicherheit Gießereien und Stahlwerke, an die gegebenen Rahmenbedingungen bestmöglich anpassen. Das bereits seit mehr als 10 Jahren bewährte Energie- und Lastmanagementsystem Padicon der Dr. Tanneberger GmbH, Radebeul/Dresden, zählt dazu. Erfolgreich im Einsatz ist das System Padicon bereits in mehr als 50 namhaften Gießereien. Entwickelt wurde das System speziell für die Erfordernisse in Gießereien, so z. B. für die Berücksichtigung der Überhitzungszeiten im Induktionsofenbetrieb sowie zur Anpassung an Ofenkennlinien zur Leistungsteuerung.

 

Lastmanagement bei Silbitz Guss

Exemplarisch soll hier über den aktuellen Einsatz einer Padicon-Anlage (Parallel-Differenzstrom-Regelung) in der Eisengie ßerei Silbitz Guss im thüringischen Silbitz
berichtet werden.

Laststeuereingriffe zur Reduzierung der Strom-Leistungsspitzen stoßen oft auf Widerstand und Unverständnis bei den am Schmelzprozess Beteiligten, stören sie doch den Produktionsprozess und die Ablauforganisation bis hin zu Qualitätseinbußen durch zu geringe Induktionsofentemperaturen. Häufig werden Lastabwurfanlagen vorgefunden, die teilweise deaktiviert sind oder deutlich zu hohe Leistungsspitzen zulassen, da anderenfalls mit Eisenmangel an den Formanlagen zu rechnen wäre.

Das Steuerungssystem Padicon führt im Normalbetrieb keine abrupten Lastabwurfhandlungen mehr aus. Das Festlegen von Lastabwurfreihenfolgen (Prioritäten) und das damit verbundene aufwendige Rangieren der Lasten nach Schmelzprofil sind überflüssig. Es gibt nur noch einen oder mehrere Führungsöfen, die „freie Fahrt“ bei voller Energienutzung bekommen, alle anderen Induktionsöfen werden praktisch „hinterhergezogen“. Die Differenz zwischen dem Bezug des „Führungsofens“ und der zur Verfügung stehenden Energie wird gleichmäßig auf alle anderen Verbraucher (Schmelzöfen) verteilt. Die Grundlast aller sonstigen Verbraucher bleibt unberührt. Es ist kein manuelles Eingreifen in den Ofenbetrieb zur Abwendung von Lastabwürfen mehr nötig. Dies übernimmt Padicon. Somit entfällt die Abstimmung mit der Schmelzfolge
weitestgehend.

Die Online-Darstellung am großen Monitor im Schaltschrank (Bild 1) erleichtert das Verständnis und die Übersichtlichkeit für das Bedienpersonal. Oftmals werden diese sekundengenauen Anzeigen und Auswertungen (Speichertiefe im Sekundenabstand für 72 h, 15 min Leistungswerte, unbegrenzte Speicherkapazität) zur Auswertung der Betriebsführung herangezogen. Der Verbrauch an elektrischer Arbeit, als sekündliche Darstellung des Stromverbrauchs aller wichtigen Verbraucher, vor allem der Schmelzaggregate, ist ein Maß für die Arbeitsintensität und Nutzungsgrade der Induktionsöfen.
 

Die Bedienung ist weitgehend selbsterklärend, eine Einweisung und Schulung des Bedienpersonals ist daher fast völlig überflüssig. Sie beschränkt sich darauf, unter den zugeordneten Öfen den auszuwählen, der seine volle Schmelzleistung ausfahren kann. Das Leistungsmaximum und damit der Preis für die Netznutzung, ergeben sich aus dem Wert, der aus einer sicheren und flexiblen Ablauforganisation resultiert, ohne dabei Eisenmangel an den Formanlagen zu provozieren. Bezugslücken schließen sich weitgehend selbsttätig, da die nachfolgenden Schmelzöfen, stufenlos und analog geführt, immer die Differenz zur möglichen Maximalleistung erhalten.

 

Verbrauchsplanung

Als sehr nützlich hat sich eine planende Optimierung herausgestellt, welche schon im Vorfeld ein Zustandekommen hoher Bezugszeitpunkte und damit Steuerungseingriffe zur Leistungsreduzierung an den Induktionsöfen erheblich reduziert.

In einer Gießerei der Silbitz-Group konnten somit die Entgelte für die Netznutzung (Leistungspreis), trotz eines schon vorhandenen konventionellen Laststeuergerätes, durch den Einsatz des intelligenten Padicon-Systems der Dr. Tanneberger GmbH nochmals um 1000 kW (1 MW), bei einer zusätzlichen Einsparung von fast 150 000 Euro jährlich bei gleichbleibender Schmelzleistung und besserer Ablauforganisation der Gießerei, gesenkt werden.

Bei Silbitz Guss kam es dank Padicon zu einer hohen Entlastung, da nun nicht mehr Planungen der Schmelzleistung durch unvorhersehbare Lastabwürfe unterbrochen werden. Das Rangieren der Lastabwürfe entfällt. Es wird nur noch der Führungsofen per Tastendruck gewählt, der Rest stellt sich automatisch durch das im Prozessrechner hinterlegte spezielle Steuerungsprogramm ein. Dies kann zu jedem Zeitpunkt nahezu in Echtzeit im laufenden Betrieb verändert werden, um auf spontane Änderungen in der Ablauforganisation reagieren zu können.

Die Anlagenkosten von 125 000 Euro wurden im ersten Jahr des Betriebes mehr als eingespart. Pro kW werden nun jährlich 149,78 Euro eingespart. Zugleich sank der maximale Leistungsbedarf an elektrischer Energie (Pmax in kW) durch Padicon im gleichen Zeitraum um 1000 kW, was einer jährlichen Einsparung von 148 780 Euro entspricht (Bilder 2 und 3).
 

Padicon wird auf Kundenwusch von der Dr. Tanneberger GmbH für einen Testzeitraum von drei Monaten bereitgestellt. Die Bezahlung erfolgt erst, wenn die Anlage vom Kunden für gut befunden wurde. Die Kosten der Anlage zur Senkung der Leistungsspitzen werden somit im laufenden Bilanzzeitzeitraum ganz oder verteilt über maximal drei Jahre erfolgsabhängig eingespart.

 

Diesen Artikel als PDF downloaden.