Prozessoptimierung und Energiemanagement für das Druckgießverfahren

Von Stephan Theis, Straubenhardt

Erschienen in GIESSEREI 07/2015

 

Der Energiebedarf in Druckgießereien ist groß. Durch Einblick in die Energiedaten kann nicht nur die Energieeffizienz gesteigert werden, auch ungenutzte Potenziale in der Produktion können aufgedeckt werden. Hierfür hat Oskar Frech, Schorndorf, Hersteller von Warm- und Kaltkammerdruckgießmaschinen, gemeinsam mit dem Energiemanagement-Spezialisten econ solutions, Straubenhardt, passgenaue Lösungen entwickelt.

Das Druckgießen ist ein energieintensiver, aber hochproduktiver Prozess, der unbedingt ein aufwendiges Temperaturmanagement erfordert. Wie groß der Energiehunger wann und wo tatsächlich ist, lässt sich jedoch kaum beziffern. In der Regel werden in Druckgießereien verschiedene Anlagen unterschiedlicher Hersteller zu einem Produktionssystem verbunden. Damit sind  die Wechselwirkungen im Energiebedarf der Anlagenteile durchaus komplex. Um in diesem Umfeld die Energieeffizienz des Gesamtprozesses zu steigern, ist zwangsläufig eine Energiedatenerfassung mit einem gewissen Detailierungsgrad und einer entsprechenden Qualität nötig. „Können unsere Kunden solche Daten ermitteln, ziehen sie daraus eine ganze Reihe an Nutzenaspekten“, schildert Dr.-Ing. Kai Kerber, Leiter Ressourcenmanagement und Gießereiprozesse bei Oskar Frech. „So können sie auch die bauteilbezogenen Energiekosten bzw. den CO2-Ausstoß je Gussteil im Detail beziffern. Wer bei der Energiedatenerfassung noch tiefer ins Detail geht, erhält weitreichende Informationen über den Zustand des Produktionssystems und der einzelnen Anlagen sowie Aussagen zur Güte und Wiederholgenauigkeit des Prozesses und des technischen Zustands der Anlagen. Auch das Rüst- und Auftragsmanagement werden transparent.“

Bei der Suche nach einem Lieferanten für die Energiedatenerfassung stieß Kerber auf econ solutions. Das Unternehmen hat sich als Spezialist für effektives betriebliches Energiemanagement etabliert, das Produktportfolio von econ solutions beinhaltet alle notwendigen Komponenten von Messtechnik wie Stromsensoren und Datenloggern bis hin zur umfassenden Energiemanagement-Software. „Und das weitestgehend in Plug-and-Play-Qualität“, fügt Kerber hinzu. „Damit entfällt ein aufwendiges Zusammenstückeln, Projektieren und Abstimmen von Einzellösungen. Und weil das System von econ modular aufgebaut ist, können wir entsprechende Monitoring-Systeme für unsere Kunden sowohl schrittweise als auch sofort mit hohem Detail ausgestalten. Dies bieten nur wenige Anbieter an.“

 

Modulares Komplettpaket für die Energiedatenerfassung und -auswertung

Oskar Frech setzt in verschiedenen Abstufungen nahezu die gesamte Produktpalette von econ solutions ein: Der Stromsensor econ sens+ ermittelt detailliert und zeitgenau die zentralen Parameter der elektrischen Energie mit Wirk-, Blind- und Scheinleistung je Phase sowie Strom und Spannung. Weitere Messwerte lassen sich über die Modbusschnittstelle erfassen. Die Daten bestehender Messgeräte, z. B. für Wasser, Druckluft und Temperatur, können mit dem Datenlogger econ unit aufgenommen werden. Er verfügt über acht Impulsschnittstellen und vier analoge Eingänge. Derart vernetzte und erfasste Parameter legen die Basis für eine energetische Prozessanalyse. (Bild 1).

 

Für die Visualisierung der Daten generiert die Software econ 3.0 vielfältige, individuell konfigurierbare Analysen und Berichte, von ABC-Berichten über Leistungs- und Zustandsanalysen bis hin zu Verbrauchs- und Kostenberichten. Das Sankey-Diagramm für die Darstellung der Energieflüsse und die Spektralanalyse (auch Heatmap oder Carpet Plot) zur schnellen Identifikation von Leistungsspitzen und wiederkehrenden Ereignissen eignet sich insbesondere für die Analyse von Maschinen und ihren Aggregaten. Für die Ermittlung der Energiekosten pro Bauteil lassen sich externe Daten, z. B. Produktionsmengen, in econ 3.0 importieren. Ebenso können die Daten für die Weiterverarbeitung exportiert werden, z. B. nach Microsoft Excel. Nutzerspezifische Dashboards und Berichtsmappen verschaffen Geschäftsführung, Energiemanagern, Produktionsleitern und Controllern den schnellen Überblick über die jeweils relevanten Auswertungen und Kennzahlen. (Bild 2).
 

Um das manuelle Ablesen zu umgehen, hat Oskar Frech auch eine Lösung für die mobile Datenerfassung von econ solutions in sein Portfolio aufgenommen. „Mit diesen Komponenten können wir abgestimmte Produktpakete für unsere Kunden schnüren, mit denen sie entweder eine einzelne Anlage oder das gesamte Produktionssystem überwachen können“, so Kerber.

 

Anpassungen an Prozesse im Druckgießverfahren

Zuvor mussten die Komponenten von econ solutions teilweise an den Bedarf der Druckgießereien angepasst werden. Kerber beschreibt: „Mit vielen der Produkte von econ solutions haben wir ad hoc bereits sehr gute Ergebnisse erzielt, insbesondere, was die Auflösung der Daten im Minutenniveau betrifft, die für aussagekräftige Beurteilungen von vielen Produktionsprozessen nötig ist.“ Damit die Funktionalitäten auch im Detail mit vielen unterschiedlichen, kundenspezifischen Prozessen funktionieren, waren vor allem seitens der Software-Technik kleinere Anpassungen und Funktionserweiterungen notwendig.

Im zweiten Schritt erweiterten Oskar Frech und econ solutions die Datenerfassung auf Sekundenbasis, um Kunden eine weitere Informationstiefe zu eröffnen. In Versuchen bei einigen Testkunden sammelte der Maschinenhersteller produktionsbegleitend sehr detaillierte Energieund Mediendaten, um die komplexen Wechselwirkungen zu studieren. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wird Oskar Frech gemeinsam mit econ solutions einzelne Änderungen oder die Erweiterungen des Funktionsumfangs realisieren. Das Ziel: Ein intuitiv nutzbares, praxisnahes System für die Energie- und Mediendatenerfassung zu etablieren. „Hierfür haben wir mit econ solutions eine dynamische Firma gefunden, die auch in Bezug auf die Projektierung der Systeme Erfahrungen aufweisen kann. Wir haben die Möglichkeit, Sonderlösungen und Entwicklungsrichtungen abzustimmen und als Partner zu verfolgen. Viele namhafte Anbieter tun sich hier schwer“, kommentiert Kerber. „Das hat unsere Kooperation mit econ solutions im letzten Jahr bestärkt.“

 

Herstellerunabhängige Lösung ab Werk und zur Nachrüstung

Inzwischen bietet Oskar Frech bereits ab Werk als fester Bestandteil des Portfolios montierte Energie- und Mediendatenlogger sowie Sensortechnik. Für die möglichst einfache Nachrüstung erhalten Kunden entsprechende Rüstsätze, die eine Integration von Datenloggern in wenigen Minuten erlauben. Dies funktioniert  herstellerunabhängig. Denn in der industriellen Produktion sind in der Regel verschiedene Geräte und Anlagen unterschiedlicher Hersteller installiert, die zusammen das komplexe Produktionssystem bilden. Damit sind Insellösungen für die Kunden nicht zielführend, sie benötigen vielmehr ein System, das sie sowohl bei Hersteller A als auch bei Hersteller B einsetzen können. So entsteht und wächst eine maschinenübergreifende und herstellerunabhängige Energiedatenerfassung.

Darüber hinaus unterstützt Oskar Frech seine Kunden bei der schrittweisen Ausgestaltung des Systems in ihrer Druckgießerei und der Formulierung und Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen. „Für den Kunden soll die Lösung möglichst nahe an einem „Plug-and-Play“-Ergebnis sein“, erklärt Kerber. Hierfür muss die Hard- und Software von econ solutions kundenspezifisch zusammengestellt werden, da diese nicht „druckgussspezifisch“ ist.

Ausgehend von einzelnen Energiedatenloggern bietet Oskar Frech zudem Dienstleistungen in Form der Datenanalyse an. Dies beginnt bei der einfachen Darstellung der Messdaten und reicht bis hin zu einer mit Produktionsdaten verknüpften losgrößenbezogenen Analyse der Daten. Dabei bringt Oskar Frech seine Expertise darüber ein, was, wie und in welchem Detail überwacht werden muss, um zusammen mit dem Kunden nachhaltig die Effizienz seiner Produktion zu steigern.

 

Spannungsfeld Energiemanagement, Betriebsdatenerfassung und Condition Monitoring

Oskar Frech nutzt bereits die Energiedatenerfassung auf Minutenebene, um mit einer eigens entwickelten Auswertemethodik die Energiekosten pro Gussteil, d. h. für jedes Produkt und für jedes Produktionslos zu ermitteln und umfangreiche auftragsbezogene Informationen aus den Energiedaten zu erhalten, z. B. eff ektive Produktionszeiten,Rüstanteil, qualitätsbezogene Energiekosten, En ergiekosten für Stillstände oder Energiekostenverursacher in den verschiedenen Pro duktions zu ständen. Zudem überwacht der Hersteller den Zustand einzelner Anlagen der Druckgussproduktion, um Defekte und nicht-off ensichtliche Schäden zu erkennen, noch bevor diese in einer verminderten Produktivität oder Qualität sichtbar werden. Auch die Sta bilität des Prozesses lässt sich auf diese Art und Weise beurteilen. Kerber: „So eröff net die Energie- und Mediendatenerfassung von Produktionsprozessen ein Spannungsfeld zwischen Energiemanagement, Betriebsdatenerfassung und Condition Monitoring. Wir sprechen hier eigentlich bereits von einer Umsetzung von Industrie 4.0.“

Dr. Stephan Theis, econ solutions GmbH, Straubenhardt

 

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