Energiesparen mit verlustarmen Induktionsofenspulen

Von Ulrike Gerhards, Stolberg, Steffen Niklaus, sowie Georg Renftle, beide Lammersdorf

Erschienen in GIESSEREI 06/2019

 

Mit modernster Spulentechnik von Otto Junker lässt sich im Schmelzbetrieb mehr Energieeffizienz erreichen. Je nach Einsatzmaterial sinkt der Energieverbrauch um 5 bis 11 Prozent. Seit drei Jahren sammelt die Gießerei VS in Solingen Erfahrungen mit verlustarmen Spulen. Jedes Jahr werden pro 3-Tonnen-Netzfrequenzofen 11 000 Euro an Energiekosten eingespart. Mehr als 50 Betriebsjahre haben im Schmelzbetrieb mit insgesamt sieben Otto Junker-Tiegelöfen ihre Spuren hinterlassen. Doch der Schein trügt. Meinolf Köllner, Produktionsleiter bei der VS GmbH & Co. KG lobt die zuverlässige und bewährte Technik der älteren Schmelzofengeneration. „Drei der insgesamt sieben Schmelzaggregate sind mit modernster Spulentechnik von Otto Junker ausgestattet“, berichtet er. Bei den verlustarmen Spulen wird durch einen kleinen Trick die stromführende Querschnittsfläche der Spule erhöht. Bei VS sorgen sie bei den damit ausgestatteten alten Netzfrequenzöfen für hohe Energieeffizienz. 

 

Elektroschmelzbetrieb mit Einsparpotenzial

In den Jahren 1963 und 1964 wurde bei VS von Drehtrommelöfen auf einen Elektroschmelzbetrieb umgestellt. Seither sind hier fünf 3-Tonnen-Netzfrequenz-Tiegelöfen von Otto Junker in Betrieb. Ergänzt wurden sie in den Jahren 1972 und 1974 durch zwei 4-Tonnen-Trifrequenzöfen – ebenfalls von Otto Junker. Viele Jahre waren zeitgleich jeweils sechs der Öfen in Betrieb. Sie erbrachten im Jahr 2010 die Schmelzleistung für 18 620 Tonnen Flüssigeisen. Es wird bei VS aufgrund der hergestellten dünnwandigen Gussteile auf fast 1600 °C erhitzt. Dafür wurden 13 283 MWh Strom verbraucht. Bezogen auf den gesamten Stromverbrauch der Gießerei waren dies 51,7 Prozent. Gießerei-Ingenieur Meinolf Köllner konnte also davon ausgehen, dass jede Effizienzsteigerung große absolute Einsparungen mit sich bringen würde (Bild 1).

 

Gleiche Schmelzleistung mit weniger Öfen

Die alten Öfen sollten jedoch bleiben. „Wir kennen die Konstruktion der alten Ofenanlagen. Ofengestell und Ofenmechanik sind sehr solide gebaut. Neu muss da nicht besser sein“, sagt Köllner. Schließlich waren alle Öfen hinsichtlich der elektrischen Schaltanlagen, Kondensatoren, Symmetriedrosseln etc. auf dem aktuellen Stand der Technik. Mit der Geschäftsleitung wurde vor drei Jahren eine wichtige Entscheidung getroffen. Die Versorgungsleistung wurde von 6500 kWh/h auf 6100 kWh/h herabgesetzt, was durch ein Lastabwurfkontrollsystem geregelt wird. Damit sanken die Energiekosten der Gießerei beträchtlich, da einerseits für die verbrauchten Kilowattstunden, andererseits aber auch für die bereitgestellte Leistung gezahlt wird. Allerdings stand nun nur noch Schmelzstrom für maximal drei 3-Tonnen- und einen 4-Tonnen-Ofen zur Verfügung (Bild 2).
 

Auch künftig sollten jedoch 17 000 bis 18 000 Tonnen Flüssigeisen pro Jahr geschmolzen werden. Ziel war es daher, durch eine Optimierung des Schmelzprozesses mit weniger Öfen die annähernd gleiche Schmelzleistung zu erreichen. Verlustarme Spulen helfen dabei in hohem Maße, da durch den höheren Wirkungsgrad der Induktionsspule die elektrische Anschlussleistung in mehr Nutzleistung und somit mehr Durchsatz umgewandelt werden kann (Tabelle 1).

 

Tabelle 1: Energieeinsparpotenzial einer verlustarmen Otto Junker-Spule in Abhängigkeit vom Einsatzmaterial.

Einsatzmaterial Erhöhung des Wirkungsgrades
Gusseisen / Stahl ca. 5 %
Aluminium ca. 7 %
Messing ca. 8 %
Kupfer ca. 10 %
Silber ca. 11 %

 

Verlustarme Spulen zahlen sich aus

Im Zuge eines turnusmäßigen Spulenwechsels stattete VS daher Ende 2015 einen der Netzfrequenzöfen mit einer Energiesparspule aus. „Eine verlustarme Spule für unsere Netzfrequenzöfen kostet rund 50 000 Euro, eine konventionelle Otto Junker-Spule ca. 37 000 Euro. Wir waren gespannt, ob und in welchem Zeitraum sich das rechnet“, so Köllner. Das 2017 bereits die zweite Energiesparspule installiert wurde, ist eigentlich Antwort genug (Bild 3).
 

Meinolf Köllner nennt die Fakten: Geschmolzen werden mit den vier Öfen im Dreischichtbetrieb von Montag bis Freitag durchschnittlich 82 Tonnen. Im Mittel sind das pro 3-Tonnen-Ofen täglich 20 Tonnen. Bei dieser Schmelzleistung verbrauchen die Öfen mit konventioneller Spule bei VS durchschnittlich 620 kWh pro Tonne, identische Öfen mit Energiesparspule lediglich rund 590 kWh pro Tonne. Umgerechnet auf die Jahrestonnen ergeben sich pro Ofen Einsparungen in Höhe von 11 000 Euro im Jahr (Tabelle 2). Köllner: „Eine Energiesparspule amortisiert sich bei uns innerhalb von eineinhalb Jahren. Jedenfalls wenn wir sie dann austauschen, wenn sowieso eine neue Spule fällig war.“

 

Tabelle 2: Energieeinsparung durch den Austausch einer konventionellen gegen eine verlustarme Spule in einem 3-t-Netzfrequenz-Tiegelofen bei VS in Solingen.

Fassungsvermögen 3 t
Material Gusseisen
Schmelzleistung  im Mittel 20 t/24h
Energieverbrauch konventionelle Spule 620 kWh/t
Energieverbrauch verlustarme Spule 590 kWh/t
Eingesparte Leistung 30 kWh/t (entspricht ca. 5 %)
Jahresproduktion 4000 t
Monetäre Einsparung pro Jahr und 3-t-Ofen (bei 0,09 Cent pro kWh) 11 000 Euro

 

Gute Wartung ist das A und O

Konventionelle Spulen haben bei VS im Mittel eine Standzeit von 15 Jahren. „Wir gehen mit unseren Öfen aber auch um wie mit einem rohen Ei“, so Frank Wolf. Anlagensicherheit hat bei VS nämlich einen ganz besonderen Stellenwert. Die hauseigenen Elektriker überprüfen regelmäßig alle elektrischen Anlagen. An jedem Wochenende und einmal Mitte der Woche wird jeder einzelne Ofen entleert und optisch geprüft. Etwa alle vier Wochen, wenn die Feuerfestzustellung ersetzt wird, achtet VS ebenfalls auf Auffälligkeiten. Zeigen Spulen von außen Veränderungen, z. B. wenn sich Isoliersegmente verformt haben oder ein Harzaustritt zu sehen ist, tritt VS in Kontakt mit Otto Junker und bekommt dort kurzfristig Unterstützung. Im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung werden außerdem vierwöchentlich alle Sicherheitseinrichtungen kontrolliert. Alles wird genau dokumentiert. „Das A und O für den guten Betrieb und die Langlebigkeit ist die korrekte Wartung. Insbesondere die Kühlung der Spule muss jederzeit sichergestellt sein. Die VS-Mannschaft hat ihre Anlagen voll im Griff“, bestätigt Guido Schumacher, Gebietsverkaufsleiter von Otto Junker. Auch er ist daher zuversichtlich, dass sich auch die Energiesparspulen in Solingen als gewohnt langlebig herausstellen. „Heute können wir nur etwas zum Stromverbrauch sagen, zur Langlebigkeit dann vielleicht zur nächsten GIFA“, so Köllner.

 

Neue Pläne für die Trifrequenzöfen

Verglichen mit den Netzfrequenzöfen schneiden die 4-Tonnen-Öfen mit Triduktortechnik, also Frequenzverdreifachung, und einem Anschlusswert von 1600 kW hinsichtlich des Energieverbrauchs schlecht ab. „Wir lassen gerade von Otto Junker rechnen, was wir einsparen können, wenn wir auf IGBT-Umrichtertechnik umstellen. Sollten wir da weiteres Einsparpotenzial sehen, ist das sicher ein nächster Schritt, den wir gemeinsam mit Otto Junker gehen“, so Meinolf Köllner. Der Vorteil, den die  GBT Umrichtertechnik bieten kann, wäre, dass man bei gleicher Leistung und gleicher Hertz-Zahl gleich von Beginn an mit 1600 kW schmelzen kann. Wir würden damit etwas schneller schmelzen und müssten nicht im Sumpfbetrieb fahren. Guido Schumacher ist sicher: „Meinolf Köllner und sein Team gehen mit der passenden Grundeinstellung und dem nötigen Sachverstand an die Dinge heran.“ Wenn sich noch einmal mehr Energie einsparen lässt, stehen die Chancen gut, dass die Entscheidung positiv ausfällt.

 

Fazit

Kontinuierlich werden bei VS in Solingen alle Bereiche der Produktion modernisiert. Das gilt insbesondere für den energieintensiven Schmelzbetrieb. Binnen weniger Jahre reduzierte sich daher der Anteil des Schmelzstroms am gesamten Energieverbrauch der Gießerei von 51,7 auf 49,6 Prozent im Jahr 2018. Der Austausch der konventionellen Spule gegen eine Energieeinsparspule im dritten Netzfrequenzofen wird den Energiebedarf des Schmelzbetriebs nochmals senken. VS lässt nun prüfen, ob eine Umrüstung auf IGBT-Umrichtertechnik der Trifrequenzöfen weiteres Energieeinsparpotenzial bietet.

Ulrike Gerhards, Wibo Technologiekommunikation GmbH, Steffen Niklaus, Forschung und Entwicklung, Georg Renftle, Gebietsverkaufsleiter After Sales, Otto Junker GmbH

 

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